Christina Herre: Mit Funfacts, Eselsbrücken und Nitrilhandschuhen an komplexe Themen
Den Lehrpreis erhielt Christina Herre für ihre Kursstunde Bauchsitus im Rahmen der Lehrveranstaltung Anatomie I – Situs für das 2. Semester. Das ist ein angeleitetes praktisches Seminar in Kleingruppen (20-30 Studierende), in der die Körperhöhle, deren Organe und Strukturen und deren Lagebeziehung zueinander theoretisch und praktisch gelehrt werden.
Frau Herre, erinnern Sie sich noch an Ihre erste Vorlesung?
Ja klar. Im Grunde war das eine Einführung in den praktischen Anatomie II Kurs. Dies findet vor der gesamten Mannschaft statt, also vor 150 Studierenden plus meinen Kolleg*innen. Ich war wahnsinnig aufgeregt. Es lief Gott sei Dank genau so, wie es geplant hatte, aber diese erste Hürde und die Aufregung bleiben mir bestimmt immer im Kopf.
Warum ist Ihr Thema Ihr Thema?
Es ist immer wieder eine Herausforderung, an die unterschiedlichen Körper zu gehen und dort lehrbuchhaft zu lehren. Ich mag es, dieses Große in kleine Brocken einzuteilen und das dann von der Theorie in die Praxis zu übersetzen. Der Situs gefällt mir besonders, weil er umfangreich ist. Jede Körperhöhle hat mehrere Themen in sich. In der Kursstunde bringen wir eben diese Themen zusammen. So verknüpft sich das Wissen aller Themen zu einem großen Thema. Da kommen dann die Aha!-Momente bei den Studierenden. Und das mitzubekommen ist einfach toll.
Was glauben Sie, machen Sie besonders gut?
Ich schaffe es, eine ruhige und entspannte Atmosphäre zu kreieren. Das bedeutet, dass sich die Studierenden trauen, sich zu öffnen und in den Dialog mit mir zu treten, auf meine Fragen einzugehen und auch selber Fragen zu stellen. Es ist mir besonders wichtig, dass sich auch diejenigen öffnen können, die vielleicht ein bisschen introvertierter sind. Alle sollen das gute Gefühl haben, dass nichts und niemand verurteilt wird. Auch wenn die Frage simpel erscheint oder die Antwort nicht ganz korrekt sein mag, ist es trotzdem okay. Das in der Evaluation zu sehen, dass ich eben diese Atmosphäre auch schaffen kann, hat mich sehr gefreut.
Darüber hinaus versuche ich, die einfachsten Hilfsmittel zur Hand zu nehmen, um auch komplexe Themen darzustellen. Ich liebe FunFacts, ich liebe Eselsbrücken und ich benutze einfachste Gegenstände zur Veranschaulichung, beispielsweise Nitrilhandschuhe um eine physiologische Magendrehung nachzumodellieren.
Was bereitet Ihnen Freude an der Lehre und was weniger?
Besonders Spaß macht mir, Aha!-Momente zu erzielen. Das empfinde ich als wirklich schönes Feedback, wenn auf meine Erklärungen das Verständnis folgt. Ansonsten habe ich auch einfach gerne Spaß mit den Studierenden. Mal einen Witz machen, sich selbst nicht ganz so ernst nehmen und über sich selber lachen, wenn man sich verspricht oder auch Fehler macht - all das trägt dazu bei.
Zeitliche Grenzen schmälern die Freude. In manchen Kursstunden ist es schon sehr gepackt. Die Themen müssen abgearbeitet werden, aber ich habe das Gefühl, dass ich gar nicht richtig auf die Studierenden eingehen kann und somit gar nicht wirklich aus den Vollen schöpfen kann. Das finde ich tatsächlich manchmal schade.
Was haben Sie selbst damals als Studierende an Lehrenden geschätzt?
Ich habe es immer sehr geschätzt, wenn der oder die Dozierende leidenschaftlich mit dem eigenen Thema umgegangen ist. Wenn ich gemerkt habe, dass es Spaß macht, das zu lehren. Ich finde, die Energie, die dort ausgestrahlt wird, nimmt man einfach automatisch mit auf und es motiviert einen selber, dieses Fach anzugehen und sich damit zu befassen. Das fand ich immer inspirierend und hoffe, dass ich das auch so weitergeben kann und in meine Lehre einbaue.
Denken Sie gern an Ihre eigene Studienzeit zurück?
Ja, ich erinnere mich vor allem an den Zusammenhalt unter den Studierenden im Semester. Ich habe ganz tolle Menschen kennenlernen dürfen, die ich jetzt auch Freunde nennen darf. Dieses Studium birgt wahnsinnig viele Herausforderungen, auch emotionale Hochs und Tiefs – und die gemeinsam zu meistern, das schweißt zusammen. Es tut gut, wirklich Verbündete zu haben und zu wissen, dass man mit denen diesen Weg gut zusammen gehen kann.
Was möchten Sie Ihren Studierenden über die reinen Inhalte hinaus mitgeben?
Ich möchte Ihnen mitgeben, dass sie nicht aufgeben sollen. Ein Fach wie Anatomie erscheint immer sehr komplex und umfangreich, aber auch das ist schaffbar. Mir liegt am Herzen zu suggerieren, dass man an seinen Schwächen arbeiten kann und man genau diese Schwächen auch zu Stärken umwandeln kann.